Entdeckung der Check-Inguine
...wie Elmar die Check-Inguin-Fragen fand

Als ich damals, auf einer meiner Reisen am entlegensten Rande Rhetorias, auf die herrliche Gattung der Check-Inguine traf (so benannt von meiner Wenigkeit), ahnte ich zunächst nicht, welch unglaubliche Entdeckung mir da zuteil wurde.
In Gestalt und Auftreten glichen sie den unseren fast vollständig, und doch war da etwas an ihrem Sozialverhalten, das mich aufhorchen – nein, vielmehr auffühlen ließ! Damals verstand ich ihre Sprache ja noch nicht, doch es war nicht zu übersehen: Etwas an ihrer Art zu kommunizieren war... anders.
Für jeden anderen wäre dies wohl kaum ein Grund für tiefere Studien gewesen. Doch mich ließen zwei Punkte nicht los:
In einem so faszinierenden Land wie Rhetoria auf ganz gewöhnliche Pinguine zu treffen – das erschien mir doch sehr unwahrscheinlich.
Ihr Kommunikationsverhalten war schlichtweg einzigartig.
Im Gegensatz zu gewöhnlichen Pinguinen schienen diese faszinierenden Wesen permanent in Bewegung, ständig in Interaktion. Ob in Zweier-, Dreier- oder noch größeren Gruppen – sobald sich bekannte oder sich vorher fremde Exemplare trafen, entbrannte etwas, das nur als Gespräch bezeichnet werden konnte.
Obwohl ich als Pudel ein unbestrittener Meister der Körpersprache bin, vermochte ich – wie bereits erwähnt – ihre Sprache nicht zu entziffern. Doch eines verstand ich sehr wohl: Diesen bemerkenswerten Geschöpfen schien niemals der Gesprächsstoff auszugehen.
Je länger ich sie beobachtete, desto mehr verdichtete sich mein Verdacht: Dies waren keine gewöhnlichen Pinguine.
Nun, rein äußerlich – gewiss. Ihre Gestalt, ihr Watscheln, selbst die Art, wie sie sich putzten, entsprach dem, was ich von Pinguinen erwartete. Doch ihre sozialen Interaktionen folgten einer Logik, die mir gänzlich neu erschien.
Es war nicht nur die schiere Menge an Kommunikation, die mich stutzig machte – es war ihre Qualität. Ob in Zweier-, Dreier- oder noch größeren Gruppen, stets entbrannten Gespräche. Und es schien, als sei es völlig unerheblich, ob die Beteiligten sich bereits kannten oder nicht! Keine Zögerlichkeit, kein abwartendes Belauern, wie es in vielen Gesellschaften üblich ist. Nein, hier wurde unverzüglich interagiert, als gäbe es eine unausgesprochene Übereinkunft, dass jedes Zusammentreffen von Wert sei.
Und dann war da noch etwas anderes – eine seltsame Harmonie, die mich beinahe auffühlen ließ. Ich konnte nicht sagen, woran es lag, doch die Check-Inguine schienen auf eine Art und Weise miteinander zu sprechen, die... Ordnung schuf. Kein Streit, keine Missverständnisse, keine abrupt abgebrochenen Gespräche. Und doch war es keineswegs ein bloßes Aneinander-vorbei-Reden oder leeres Geplänkel – vielmehr hatte es den Anschein, als würden sie einander bestärken, als sei ihr Dialog nicht nur Austausch, sondern eine Art gemeinsames Entdecken.
Was, so fragte ich mich, konnte der Grund für dieses bemerkenswerte Phänomen sein?
Nun, eine Möglichkeit bestand natürlich darin, dass diese Wesen einfach außergewöhnlich klug waren – was, zugegeben, eine sehr naheliegende Hypothese für jemanden mit meiner Prägung darstellt. Doch reichte das aus, um dieses so reibungslose, fast spielerische Verstehen zu erklären?
Es ließ mir keine Ruhe. Ich beobachtete, notierte, spekulierte... Mir war sehr bald klar, dass es sich hierbei um ein Frage-Antwort spiel handeln musste. Eine gemeinsame “rhetorische Reise”, die nicht selten in einem sehr zufriedenstellenden Ergebnis und einem neuen Handlungsimpuls endete.
Mag auch das gesprochene Wort nur einen relativ kleinen Teil der Kommunikation darstellen, so war es hier absolut nötig um das Geheimnis zu entschlüsseln. Umso mehr ärgerte ich mich wie ein Stint, keine Möglichkeit zu haben, die Sprache zu verstehen, ohne mich zu zeigen und lange bei dieser sonderbaren Art zu leben.
Stoisch wartete ich so einige Tage... und kam nicht weiter. Doch von Aufgeben keine Spur. Wer meine Reiseerinnerungen gelesen hat weiß, dass ich durch meine Zeit in Equilibria gelernt habe einen (relativ) ausgeglichenen Geist zu bewahren und mein Ziel nicht aus den Augen zu verlieren. Und doch war das geheime Lernen der Sprache kaum möglich... und Frust kam auf. Ich wollte schon fast aufgeben, als ich eines morgens in meinem Zelt von einem kurzen Brummen und einem seltsam vertrautem Geruch geweckt wurde.. Apfelkuchen? Ich schwöre euch bei meiner Ehre als Forscher, es war der feine Geruch von Apfelkuchen - im fernsten Winkel von Rhetora. War ich nun DEM WOHN verfallen? Da die wenigsten reiselustigen zwischen den Welten reisen, hier nur kurz dIe Info (DER WOHN, ist u.a. gekennzeichnet durch eine ernstzunehmende Irritation sämtlicher Sinneswahrnehmungen, ausgelöst durch eine häufige Wechsel höchst unterschiedlicher Umgebungen. mehr zu meinen Erfahrungen dazu - ihr wisst es - in meinen Reiseerzählungen.)
Nein, das konnte nicht sein. Ich atmete mein Unbehagen mit einer kleinen Übung weg und trat aus meinem Zelt... und was sah ich da: Ein merkwürdiges Gerät auf dem Boden.
Ich wusste nicht, warum dieses Gerät plötzlich vor meinem Zelt aufgetaucht war – und auch nicht, woher der zarte Duft von frischgebackenem Kuchen kam.
Doch in dem Moment, als ich es sah, wusste ich: Dieses Gerät war der Schlüssel. Damit würde ich dieses seltsame Pinguinvolk verstehen.
Ohne mir weitere Gedanken über das Woher, Warum oder etwaige Risiken zu machen – und glauben Sie mir, als rational denkender Pudel wäre dies sonst selbstverständlich gewesen – setzte ich das Gerät umständlich auf meinen Kopf. Und dann traf es mich:
Ich sah damit wahrscheinlich absolut bescheuert aus.
Ein kurzer Blick in meinen Handspiegel aus Reflecta (den ich stets mitführe – weniger aus Eitelkeit, sondern aus rein lebenspraktischen Erwägungen, um im Falle eines Notfalls durch Lichtspiegelung auf mich aufmerksam machen zu können), bestätigte diesen Verdacht.
Nun gut. Wie erwähnt – auch wenn mancher Zeitgenosse sich einen schnippischen Kommentar über meine vermeintliche Eitelkeit nicht verkneifen kann – halte ich mich nicht dafür. Und selbst wenn: pro bono scientiae, zum Wohle der Wissenschaft, wäre ich jederzeit bereit, dieses Opfer zu bringen.
Ich schlich mich also zurück auf meinen Beobachtungsposten. Und lauschte.
UND ES FUNKTIONIERTE! Ich verstand jedes einzelne Wort.
Also die ersten Worte knackend in mein Ohr übersetzt wurden, schlug ich mir in einer von den Menschen übernommenen, theatralischen Geste, an die Stirn und lachte! Fragen, es waren die ganze Zeit nur Fragen gewesen. Ich hatte mir den Kopf zerbrochen, gerätselt, Theorien aufgestellt, wie dieses Völkchen so innig kommunizieren konnte. War mit meinem Wissen aus Rhetora auch den kleinsten körpersprachlichen Signalen gefolgt und diese kleinen Geschöpfe stellten sich einfach nur Fragen!
Unbeschreiblich glücklich lauschte ich. Drei Tage und drei Nächte lang. Ich schrieb und schrieb – all die Gespräche, all die Fragen, all die kleinen sprachlichen Kostbarkeiten, die diese Tiere miteinander teilten. Und wenig später wurden daraus die Check-Inguin Karten.